Handlungspädagogik

Sag es mir

und ich werde es vergessen.

Zeige es mir

und ich werde es verstehen.

(Laotse)

Die Handlungspädagogik gründet sich auf der Erkenntnis, dass unsere Kinder nicht mehr wie zur Zeit der Entwicklung von Schule einen Zugang zur intellektuellen Bildung brauchen. Bücher, Computer und Internet sind heute für alle zugänglich und werden von der jungen Generation auch souverän genutzt. Was den Kindern gegenwärtig fehlt ist die be-greifbare Erfahrung mit dem echten Leben.

Unsere Welt ist so zerstückelt und kleinteilig geworden, dass Kinder nicht mehr am Alltag der Erwachsenen teilnehmen. Sie kennen die erwachsenen, arbeitenden Menschen nur noch als Kassierende im Supermarkt, am Schreibtisch, als Autofahrende oder eben als Pädagogen, die allein zu ihrer Betreuung abgestellt werden in dafür vorgesehenen Schutzräumen wie Kita und Schule. Diese Tätigkeiten bieten kein Nachahmungsumfeld, wie noch vor wenigen Generationen die vielseitigen Arbeiten im Haushalt, der Schusterei auf dem Schulweg, der Bäckerei im Nachbarhaus, dem Bauernhof im Ort, um nur einige zu nennen. Das Kinderleben heute ist meistenteils isoliert von echten Erlebnissen, die die eigenen Handlungskompetenzen herausfordern und entwickeln.

Der Luisenhof möchte ein Ort sein, an dem für viele Kinder wieder Begegnung mit lebendiger Welt möglich wird, um an diesen Erfahrungen ihr eigenes Menschsein entwickeln zu können. Dazu gehört auch die reichhaltige Sinneserfahrung, die an jedem Bauernhoftag stattfindet. An jedem solchen Tag arbeiten die Kinder mit den vier Elementen – Erde, Feuer, Wasser, Luft.

Nach der gemeinsamen Arbeit auf dem Bauernhof mit und neben den Mitarbeitenden aus Gärtnerei, Bau, Landwirtschaft, Küche, Müllerei wird gemeinsam über dem Feuer das Mittagessen zubereitet. Alle zwölf Sinne werden dafür gebraucht, mit einem Freund verantwortlich zu sein, das Feuer für das Kochen zu entfachen.

Danach schließt sich wieder ein Kreislauf, die bei der Zubereitung anfallenden Reste werden den Tieren im Stall und auf die Weide gebracht. Anschließend beginnt die Spielzeit, ebenfalls ein unerlässlicher Bestandteil eines jeden Bauernhoftages. Hier dürfen Kinder im Dreck wühlen, auf Bäume klettern und über Wiesen rennen, ohne den dafür vorgesehenen TÜV-geprüften, genormten Spielplatz. Nach diesem erfüllten Arbeitsmorgen gibt es das wohlverdiente gemeinsame Essen und eine Geschichte zum Hineinlauschen und zur Ruhe kommen.

Manche werden sich nun fragen, wo bleibt da die „Schule“? Wem ein solch praller, vielgestaltiger Tag mit Schulung der Sinne, Entwicklung von Lebenskompetenzen, sozialem Miteinander, Aufwertung des Selbstbewusstseins, Freude am sinnvollen Tun, gesunde Umgebung und Bioernährung noch nicht als Argumente für einen gelungenen Schultag reichen, kann hier auch Lernen im herkömmlichen Sinne erleben: Die Aussaat will berechnet, die Ernte gewogen, die Ware etikettiert, die Gemüsepflanzen erkannt, um nur einige Beispiele aus der Praxis zu nennen. So kann viel „Unterricht“ am wirklichen Leben angeknüpft werden.                                                  (Silke Vondermühl)

 

Schule kann und darf heute ganz anders gedacht werden. Vielleicht hat sich sogar der Begriff Schule überlebt.

„Luisenhof“ – für viele Kinder aus der Waldorfschule Chemnitz und einigen Schulen im Umland ist das ein feststehender Begriff. Die Erlebnisse und Erinnerungen, die die Kinder damit verknüpfen sind freudig und wirken nachhaltig. Selbst schon ausgeschulte Jahrgänge bekommen ein Strahlen in die Augen, wenn der Luisenhof erwähnt wird oder Begegnungen mit den dort arbeitenden Menschen stattfinden.

Literaturempfehlung:

Hartkemeyer, T., Guttenhöfer & Schulze, M. (Hrsg.); (2014): Das pflügende Klassenzimmer: Handlungspädagogik und Gemeinschaftsgetragene Landwirtschaft (DBU); München: oekom Verlag